Bildungsforum SINGEN 2009

Zu einem großen Erfolg gestaltete sich das „Bildungsforum SINGEN“
am 12. September 2009 in der Grundschule Hardegsen (Landkreis Northeim), das von der Kantorei Hardegsen nach 2007 nun zum zweiten Mal durchgeführt wurde.

Der Initiator des Bildungsforums und Leiter der Kantorei Hardegsen, Dr. Gerhard Ropeter, konnte 130 Veranstaltungsbesucher begrüßen, die aus dem gesamten südniedersächsischen und nordhessischen Raum nach Hardegsen angereist waren.

Prof. Dr. Gerhard Ropeter
Gerhard Ropeter
Plenum

Das zentrale Thema des Bildungsforums lautete: „Welche Bedeutung hat das Singen für die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes und wie singt man mit Kindern angemessen und richtig“.

Prof. Dr. Gunter Kreutz
Gunter Kreutz

Prof. Dr. Gunter Kreutz (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg) stellte in seinem Vortrag mit dem Thema „Singen mit Kindern: Was nützt es?“ unter anderem die Ergebnisse einer Vergleichsstudie von Chorklassen mit besonderem Stimmtraining) und sonstigen Klassen vor, die nur „normalen“ Musikunterricht erhielten. Insgesamt waren 50 Fünftklässler aus zwei Schulen in Oldenburg und Hannover an der Studie beteiligt. Kreutz zeigte auf, dass sich bei den Chorklassenkindern hochsignifikante Verbesserungen in Form größerer Tonhöhenumfänge, größerer Dynamikumfänge und einer Verbesserung der physiologischen Leistungsfähigkeit der Stimme ergaben, was für die stimmliche Gesundheit auf Dauer bedeutsam ist.

Prof. Andreas Mohr

Zweiter Referent war Prof. Andreas Mohr (Musikhochschule der FH Osnabrück), den Ropter dem Publikum als „Wegbereiter der Kinderstimmbildung“ vorstellte. Andreas Mohr beschäftigt sich seit über drei Jahrzehnten mit der stimmlichen Ausbildung von Kindern. Seine Bücher und Vorträge über Kinderstimmbildung sind richtungweisend geworden. Mohr hielt einen Vortrag mit dem Thema „Die Kinderstimme – Förderung und Gefährdung“. Nach einer plastischen Einführung in Funktion und Wirkungsweise der kindlichen Stimme, zeigte er an mehreren Beispielen – unter aktiver Beteiligung der gesamten Zuhörerschaft! – eindrucksvoll auf, wie man Stimmbildung für Kinder mit Lied, Spiel und Kanon attraktiv und motivierend gestalten kann. Das begeisterte Publikum ließ den Referenten nur nach mehreren zusätzlichen Beispielen von der Bühne, ohne dass das Thema damit erschöpft gewesen wäre.

Sein Resumee:
„In der stimmbildnerischen Arbeit mit Kindern kommt es wesentlich darauf an, dass die richtigen Lieder gefunden werden, die in Lage und Umfang, in melodischer Faktur und rhythmischer Prägnanz, aber auch in phonetischer Gestalt und textlichem Gehalt die Kinder stimmlich (stimmbildnerisch) fördern sowie geistig und seelisch ansprechen – und daneben auch noch Spaß machen!

Stumpfsinniges Mitgrölen in zu tiefer Lage mit schlagzeugdominierter Popmusik oder Kreischen und Schreien in E-Gitarren-animierten Rocksongs dienen nicht der gesunden stimmlichen Entwicklung. ...

Wir dürfen nicht zulassen, dass die Entwicklung der Singfähigkeit unserer Kinder irgendwelchen modischen Strömungen überlassen wird. Erster und wichtigster Grundsatz bei der Hinführung zum Singen muss das Ziel der gesunden Stimmentwicklung sein. Für welche Art von Musik ein Mensch später sein Singen benützen will, soll er ganz allein entscheiden dürfen. Diese Möglichkeit steht ihm aber nicht mehr offen, wenn im Kindesalter durch Vorenthalten der Singerfahrung oder falschen Gebrauch die freie Entfaltung der Singstimme behindert oder eingeschränkt wurde.“

Diese eindeutige Position entspricht voll und ganz den stimmbildnerischen Grundsätzen im Kinderchor Hardegsen.

Prof. Dr. Marcus Hasselhorn

Die einführende Moderation und die Überleitungen zwischen den Vorträgen gestaltete in gewohnt souveräner Weise Prof. Dr. Marcus Hasselhorn (Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, Frankfurt).

Vorstellung der Workshopleiterinnen

Komplettiert wurde die Tagung am Nachmittag durch vier Workshops, in denen die Musikpädagoginnen Ellen Wolpert (Einbeck), Friedhilde Trüün (Tübingen), Anita Trajilovič (Hardegsen/ Hannover), Yu Jost (Hardegsen/ Hannover) unter Beteiligung von Demo-Kindergruppen des Kinderchores Hardegsen aufzeigten, wie das Singen mit Kindern kindgerecht und lebendig und dabei zugleich qualitätsvoll umgesetzt werden kann.

Workshop 2a - Friedhilde Trüün
Workshop 2a
Workshop 2b - Anita Trajilovič
Workshop 2b
Workshop 3 - Yu Jost
Workshop 3

Zum Schluss wurden die Workshopergebnisse von den Teilnehmern der einzelnen Workshops mit Gesang und Bewegung dem Plenum auf der Sporthallenbühne vorgestellt.

Vorstellung der Workshopergebnisse

Ein musikalisches Glanzlicht setzte der Kinderchor Hardegsen mit sieben eindrucksvollen Gesangsvorträgen am Anfang und am Schluss der Veranstaltung, mit denen er Zuhörer und Referenten gleichermaßen entzückte.

Kinderchor St. Mauritius Hardegsen

Die begeisterten Besucher hielten in der Hardegser Sporthalle bis zum Ende aus und sparten nicht mit Lob, insbesondere auch für die professionelle Tagungsorganisation.

Die Bildungsveranstaltung war von den Eltern des Kinderchores in mehrtägiger Arbeit vorbereitet worden. Dabei hatte man nicht nur die (noch im Umbau befindliche) Sporthalle in einen Tagungsraum verwandelt, sondern auch die Pausenhalle der Grundschule in ein liebevoll dekoriertes Bistro umgestaltet, in dem die Besucher in der Mittagspause mit preiswerten Getränken und Speisen versorgt wurden.

An dieser Stelle sei auch der Stadtverwaltung Hardegsen und dem Bauhof gedankt, die den äußeren Rahmen für die Veranstaltung erst ermöglicht hatten.

Resümee:
Es ist nicht zu übersehen und zu überhören: Singen mit Kindern ist wieder in! Nach langen Jahren des Unverstandes und der Resignation wird das qualitätsvolle Kindersingen in der Breite der Gesellschaft wieder entdeckt. Wenn die Kantorei Hardegsen mit ihren vielfältigen Initiativen zur Förderung des Kindersingens (Frühförderung ab 18 Monaten, durchgehend bis 15 Jahren, „Bildungsforum SINGEN“, Projekt „KiSINGa – Kinder SINGEN im Kindergarten“) ein wenig dazu beiträgt, sollte es uns freuen!

Alles in allem war das „Bildungsforum SINGEN 2009“ wiederum eine rundum gelungene Veranstaltung, von der sich die Teilnehmer im abschließenden Feedback eindringlich eine Fortsetzung wünschten.